Interview mit Alexandra S.*, Partnerin eines alkoholabhängigen Mannes

„Wir können über alles reden“

Alexandra S. (Name geändert) zog der Liebe wegen aus den USA in eine Großstadt in Nordrhein-Westfalen. Einige Zeit nach der Hochzeit bemerkte die heute 43-Jährige im täglichen Zusammenleben den stetig steigenden Alkoholkonsum ihres Partners.

Frau S., wieso haben Sie sich an eine Suchtberatungsstelle gewandt?

Schon bevor wir geheiratet haben und zusammengezogen sind, wusste ich, dass mein Mann gelegentlich trinkt. Doch erst mit der Zeit habe ich gemerkt, wie groß das Problem tatsächlich ist. Als er anfing, nicht mehr zur Arbeit zu gehen und betrunken die Treppe runtergefallen ist, wurde mir klar, dass das so nicht weitergehen kann. Er war von morgens bis abends besoffen.

Auf welche Weise kam der Kontakt zur Suchtberatung zustande?

Ich habe online nach Hilfeangeboten gesucht. Erst habe ich für meinen Mann eine Suchtberatungsstelle kontaktiert. Die Beraterin hat mir unter anderem erzählt, dass es auch Meetings für Angehörige gibt.

Was haben Sie sich von der Beratung versprochen?

Ich brauchte jemand zum Reden, der versteht, was es heißt, einen Partner zu haben, der ständig betrunken ist. Leute, die so was nicht kennen, können sich nicht vorstellen, was das für das Zusammenleben bedeutet. Ich habe mir gewünscht, mit Menschen zu sprechen, die wissen, was Sucht heißt. Meine Mutter hat mich ermutigt, noch einmal Kontakt zu einer Suchtberatungsstelle aufzunehmen und nach einer Gruppe für Angehörige zu fragen. Das war im letzten Jahr während der Coronapandemie. Seitdem nehme ich an einer Online-Angehörigengruppe teil. Für mich ist das sehr praktisch und bequem, weil ich dann nicht extra noch mal raus muss, besonders bei schlechtem Wetter oder wenn ich müde vom Stress auf der Arbeit bin.

Welche Erfahrungen haben Sie in der Gruppe für Angehörige suchtkranker Menschen gemacht?

Sie ist inzwischen quasi meine Familie. Wir können über alles reden. Sie verstehen meine Probleme und sie wissen auch, dass es keine einfachen Lösungen gibt. Ich habe in der Gruppe ganz unterschiedliche Leute in ganz unterschiedlichen Phasen kennengelernt. Bei der einen war der Mann in der Sucht-Reha. Die andere hat einen Partner, der schon länger trocken ist. Ich habe viele Geschichten von Leuten gehört, denen es so ähnlich geht wie mir. Wir tauschen Informationen aus. Das ist sehr hilfreich. In der Gruppe habe ich auch eine Frau getroffen, mit der ich privat auf Englisch chatte. Das ist einfacher für mich, obwohl ich sehr gut Deutsch kann.

Was empfinden Sie als besonders hilfreich?

Ich kann in der Gruppe immer erzählen, was gerade passiert ist. Auch wenn ich einen ganz schlechten Tag hatte. Die anderen sind für mich da, ohne über mich zu urteilen. Die Moderatorin der Gruppe ist in allen Fragen rund um Alkohol und Sucht ansprechbar.

*Name geändert

Suchtberatungsstellen und andere Einrichtungen der Suchthilfe finden Betroffene und ihre Angehörigen im DHS Suchthilfeverzeichnis unter www.suchthilfeverzeichnis.de